Alle Artikel anzeigen
Aktuelle Entscheidung zur Steuerberaterhaftung
Wenn der Steuerberater neben der laufenden Beratung in steuerlichen Angelegenheiten auch die Bilanzen, die betriebswirtschaftlichen Auswertungen und die Summen- und Saldenlisten erstellt, drohen Haftungsrisiken bei Überschuldung einer Kapitalgesellschaft.
Im Fall des OLG Celle aus April 2011 wurde der beklagte Steuerberater vom Insolvenzverwalter einer GmbH zunächst in I. Instanz erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Hintergrund waren Zahlungen, die Geschäftsführer nach Eintritt der Überschuldung und vor späterer Insolvenzantragstellung noch an den Gesellschafterkreis geleistet hatten. Die zunächst wegen Verstoßes gegen § 64 GmbHG vom Insolvenzverwalter erfolgreich in Anspruch genommenen Geschäftsführer waren vermögenslos. Daraufhin verklagte der Insolvenzverwalter wegen den vorgenannten Zahlungen den Steuerberater. Das Landgericht gab der Klage in I. Instanz in vollem Umfang statt. Der Beklagte sei zwar nicht schadensersatzpflichtig, die Geschäftsführer auf Ihre Verpflichtung zur Insolvenzanmeldung hinzuweisen, da im vorliegenden Sachverhalt die bilanzielle Überschuldung der Gesellschaft positiv bekannt gewesen sei. Der beklagte Steuerberater habe jedoch, indem er Wege aus der Krise aufgezeigt habe, aktiv dazu beigetragen, dass der Insolvenzantrag nicht bereits vor Leistung der maßgeblichen Zahlungen, sondern erst später gestellt worden sei.
Das OLG Celle hat eine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers abgelehnt. Es sei originäre Aufgabe der Geschäftsführer einer GmbH selbst, eine etwaige Überschuldung des Unternehmens im Auge zu behalten und rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen. Der Steuerberater müsse jedoch ungefragt auf eine bilanzielle Überschuldung hinweisen und die Prüfung der Überschuldung anregen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die bilanzielle Überschuldung den Geschäftsführern bereits bekannt gewesen sei. Ein Steuerberater müsse, wenn er im Zusammenhang mit einer drohenden Insolvenz eines Unternehmens um Rat gebeten werde, für die Richtigkeit seines Rates einstehen.
Fazit: Zusammenfassend bestätigt die Entscheidung die bisherige formale Abgrenzung zwischen dem Auftrag zur Erstellung der Bilanz und weitergehenden Beratungstätigkeiten. Grundsätzlich ist es Aufgabe des Geschäftsführers einer GmbH, die Überschuldung zu prüfen. Der Steuerberater ist jedoch gehalten, auf die handelsbilanzielle Überschuldung hinzuweisen und die insolvenzrechtliche Prüfung der Überschuldung anzuregen. Dies sollte auch schriftlich geschehen, da der Verweis auf die Kenntnis der Geschäftsführer als Einwendung durchaus fraglich ist. Tritt der Steuerberater auch in der Krisenberatung auf, darf er nicht verharmlosend agieren.
Verfasser:
Dr. Thomas Huesmann
Rechtsanwalt