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BFH: Aufstockung eines Investitionsabzugsbetrags in einem Folgejahr
Die Kernaussage
Ein für ein bestimmtes Wirtschaftsgut in einem Vorjahr gebildeter Investitionsabzugsbetrag kann in einem Folgejahr innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums bis zum gesetzlichen Höchstbetrag aufgestockt werden (gegen BMF, Schreiben v. 20.11.2013, BStBl I 2013, 1493, Rz. 6). Diese Entscheidung hat der BFH aktuell getroffen und damit im Ergebnis die Rechtsauffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts bestätigt, BFH, Urteil v. 12.11.2014 - X R 4/13; veröffentlicht am 4.2.2015.
Der Hintergrund
Die Beteiligten stritten über die Frage, ob ein Investitionsabzugsbetrag, der bereits in einem Vorjahr abgezogen worden war, ohne dabei aber die absolute Höchstgrenze von 200.000 € je Betrieb (§ 7g Abs. 1 Satz 4 EStG) oder die relative Höchstgrenze von 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7g Abs. 1 Satz 1 EStG) zu erreichen, in einem Folgejahr bis zum Erreichen der genannten Höchstgrenzen aufgestockt werden darf. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll dies nicht möglich sein, vgl. BMF, Schreiben v. 8.5.2009, BStBl I 2009, 633, Tz. 6.
Der Sachverhalt
Der Kläger machte 2008 einen Investitionsabzugsbetrag i.H. von 110.000 € geltend. Geplant war die Anschaffung eines Photovoltaik-Kraftwerks, das im Rahmen eines (gesonderten) neuen Gewerbebetriebs betrieben werden sollte. Er legte eine verbindliche Bestellung vor.
Mit der Steuererklärung 2009 machte er einen weiteren Verlust aus dem geplanten Gewerbebetrieb Photovoltaikanlage in Höhe von 90.000 € durch die entsprechende Aufstockung des 2008 angesetzten Investitionsabzugsbetrages geltend. Das Finanzamt lehnte die Aufstockung unter Hinweis auf Tz. 6 des o.g. BMF-Schreibens ab; ein Investitionsabzugsbetrag könne nur in einem Jahr geltend gemacht werden.
Die Aussagen den BFH
Zwar lassen sich weder im Gesetzeswortlaut noch aus der Systematik des Gesetzes eindeutige Anhaltspunkte für die eine oder die andere Auffassung finden. Sowohl die historische Entwicklung des Gesetzes als auch der Gesetzeszweck sprechen aber für die Zulässigkeit späterer Aufstockungen eines für dasselbe Wirtschaftsgut bereits gebildeten Investitionsabzugsbetrags.
§ 7g EStG erhielt mit dem UntStRefG 2008 seine heutige Gestalt. Die Vorschrift nahm die frühere Regelung über die Ansparabschreibung und -rücklage (§ 7g EStG a.F.) auf, gestaltete sie aber in einigen Bereichen um. Bezüglich § 7g EStG a.F. entsprach es einhelliger Auffassung sowohl der Finanzverwaltung , BMF, Schreiben v. 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz 14, als auch der Rechtsprechung, dass die Höhe der Rücklage in einem Folgejahr geändert (vermindert, aber auch aufgestockt) werden konnte.
Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung die zu § 7g EStG a.F. auch von der Finanzverwaltung ausdrücklich zugelassene Möglichkeit einer späteren Aufstockung nicht mehr einräumen wollte, ist nicht ersichtlich.
Auch der Zweck des § 7g EStG spricht für die Zulässigkeit der nachträglichen Aufstockung eines Investitionsabzugsbetrags. Die genannte Vorschrift soll der Verbesserung der Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe, der Unterstützung von deren Liquidität und Eigenkapitalbildung sowie der Stärkung der Investitions- und Innovationskraft dienen.
Dieser Gesetzeszweck wird durch die Zulassung späterer Aufstockungen eines bereits in einem Vorjahr in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags nicht unterlaufen, sondern im Gegenteil verwirklicht. Dies zeigt sich gerade in Fällen, in denen sich im Laufe der Investitionsplanungsphase ein Anstieg der voraussichtlichen Investitionskosten ergibt. Wäre hier keine Anpassung des Investitionsabzugsbetrags an den gestiegenen Mittelbedarf möglich, wäre ein Teil der Investitionskosten von der Förderung durch § 7g EStG ausgeschlossen, obwohl der Zweck der Norm - Stärkung der Liquidität und Investitionskraft - gerade in einem solchen Fall die Förderung geböte.