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BFH: Kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an GmbH-Anteilen bei nießbrauchsvorbehlt
Der IX. Senat des BFH hat mit Urteil vom 24.1.2012 IX R 51/10 entschieden, dass wirtschaftliche Eigentum durch Übertragung von GmbH-Anteilen unter Nießbrauchvorbehalt nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht übergeht, sondern beim Nießbraucher verbleibt, wenn dieser nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann.
Das Urteil ist deshalb bemerkenswert, weil nach bisher h.M. grundsätzlich ein vorbehaltener Nießbrauch nicht dazu führt, dass das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Vermögensgegenständen beim Nießbraucher verbleibt.
Im Streitfall waren alle Betroffenen vom Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ausgegangen, jedoch hat der BFH Zweifel angemeldet und die Sache an das FG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Der BFH stützt seine Zweifel am Übergang des wirtschaftlichen Eigentums darauf, dass der Nießbraucher neben dem Anspruch auf die ausgeschütteten Gewinne uneingeschränkt die Stimmrechte ausüben konnte.
Zwar sind diese auf den Anteilserwerber (zivilrechtlicher Eigentümer der Anteile) übergegangen, jedoch verzichtete er unwiderruflich in allen Gesellschaftsangelegenheiten auf die Ausübung der Stimmrechte und durfte seinerseits die Stimmrechte nicht mehr ausüben bzw. nur nach Weisungen des Nießbrauchers.
Vor der Entscheidung des BFH war der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht streitig. Streitpunkt war vielmehr die Auswirkung einer entgeltlichen Nießbrauchablösung, die anlässlich der Veräußerung der Anteile erfolgte.
Der Kläger sah darin zusätzliche Anschaffungskosten, die den Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG mindern, was das FA nicht anerkennen wollte.
Der BFH hat in der Urteilsbegründung zum Ausdruck gebracht, dass, wenn das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen wegen des vorbehaltenen Nießbrauchs nicht übergegangen ist, sich die Gegenleistung für die Ablösung des Nießbrauchs als Entgelt für die Übertragung des nunmehr mit dem Nießbrauchwegfall übergegangen wirtschaftlichen Eigentums darstellt, also ein Gewinn nach § 17 EStG beim Nießbraucher entsteht.
M.E. stellt sich hier die Frage, ob sich der IX. Senat des BFH hiermit nicht in Widerspruch zur Entscheidung des VIII. Senats des BFH vom 14.06.2005 - VIII R 14/04, BStBl 2006 II, 15 gestellt hat.