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BFH: Zum Zeitpunkt der erstmaligen Abfärbewirkung bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Die Kernaussage
Bei Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr tritt die Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG nur ein, wenn der Obergesellschaft im betreffenden Kalenderjahr nach Maßgabe des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ein Gewinnanteil zugewiesen ist, BFH, Urteil v. 26.6.2014 - IV R 5/11.
Der Hintergrund
Eine Personengesellschaft erzielt grundsätzlich nur dann gewerbliche Einkünfte, wenn ihre Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen betreiben.
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt darüber hinaus die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt oder gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht.
Die gewerbliche Tätigkeit bzw. die gewerblichen Beteiligungseinkünfte der Personengesellschaft führen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer Umqualifizierung aller Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb.
Der Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren Gegenstand die Verwaltung eigenen Vermögens ist.
Aufgrund eines Kaufvertrags erwarb die Klägerin im Streitjahr 2005 eine Kommanditbeteiligung. Die KG betrieb ein gewerbliches Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr (1.7.2005 bis 30.6.2006). Für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Die konkreten Aussagen des BFH
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergeben sich aus dem Gewinn. Dieser ist bei Gewerbetreibenden für das Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG). Wirtschaftsjahr ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, der Zeitraum, für den sie regelmäßig Abschlüsse machen (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG).
Weicht dieser Zeitraum vom Kalenderjahr ab, ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung des Einkommens in der Weise zu berücksichtigen, dass er als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG nimmt damit auch eine zeitliche Zuordnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
Diese Grundsätze gelten ebenfalls für die Ermittlung und zeitliche Zuordnung der Gewinnanteile i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wobei grundsätzlich nicht auf die Sicht des Gesellschafters (Mitunternehmers), sondern auf die der Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) abzustellen ist.
Für das Streitjahr schied eine Umqualifizierung der Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen in gewerbliche Einkünfte aus, denn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG lagen nicht vor.
Die Klägerin hatte im Streitjahr keine gewerblichen Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezogen. Für die sog. Abfärbewirkung genügt es danach nicht, dass eine an einer weiteren Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft als Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist.
Vielmehr wird auch ein "Bezug" von Gewinnanteilen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorausgesetzt. Im Streitfall bezog die Klägerin erstmals für das Jahr 2006 und nicht schon für das Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Die Hinweise
Da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG im Streitfall nicht vorgelegen haben, brauchte der Senat nicht über die Verfassungsmäßigkeit der in § 52 Abs. 32a EStG angeordneten rückwirkenden Anwendung der Vorschrift auch für den Veranlagungszeitraum 2005 entscheiden.
Gleichfalls brauchte der Senat nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob wie die Klägerin meinte - die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG im Streitfall auch deshalb ausscheidet, weil die gewerbliche Beteiligung der Klägerin für deren gesamte Tätigkeit nur von untergeordneter Bedeutung ist.
Zu dieser Frage sind derzeit noch mehrere Revisionsverfahren anhängig, vgl. BFH-Az. VIII R 41/11 und VIII R 16/11.