Im Urteilsfall stritten die Parteien über die Rechtmäßigkeit von Bescheiden über die Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen gem. §§ 48 ff. EStG.
Die Klägerin hatte eine in Spanien ansässige Firma beauftragt, auf einem von ihr gepachteten inländischen Grundstück eine Freiland-Photovoltaikanlage zu errichten. Der Vertrag umfasste die Planung und Lieferung sowie den Aufbau der gesamten Anlage einschließlich der Solarpanele, Stützen, Streben, Schaltanlagen usw. Zu den Verpflichtungen der spanischen Auftragnehmerin gehörten auch der Bau von Schotterpisten und Gräben, Zementarbeiten, das Einrammen von Pfählen in den Boden, um daran die Module der Photovoltaikanlage zu befestigen, sowie die Einebnung und teilweise Betonierung von Flächen, um die in Betoncontainern gelieferten Trafostationen aufzustellen.
Eine Freistellungsbescheinigung i.S. des § 48b EStG wurde von der spanischen Firma weder vorgelegt noch beantragt. Die Firma hatte einen weiteren Auftrag im Inland zur Errichtung einer Freiland-Photovoltaikanlage und ansonsten keine weiteren Baustellen oder Niederlassungen in Deutschland.
Der BFH bestätigte die Vorinstanz und kam zu dem Ergebnis, dass bei der Freiland-Photovoltaikanlage die Voraussetzungen eines Bauwerks i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt seien, insbesondere deshalb, weil die einzelnen Solarmodule im Streitfall auf in die Erde eingelassenen Pfählen errichtet und mit diesen fest verbunden werden.
Laut Begründung des BFH könne auch die Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen der Bauabzugsteuer unterliegen, da die Begriffe Bauwerk und Bauleistung normspezifisch auszulegen seien. Die der Bauabzugsteuer unterliegenden Bauwerke seien dabei nicht nur auf Gebäude und unbewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt, sondern kämen auch bei Scheinbestandteilen, Betriebsvorrichtungen und technischen Anlagen in Betracht. In Folge der normspezifischen Auslegung stellten Freiland-Photovoltaikanlagen grundsätzlich eigenständige Bauwerke i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG dar.
(BFH-Urteil v. 7.11.2019, Az.: I R 46/17, Vorinstanz FG Hessen Az.: 4 K 63/17 vom 16.05.2017)
Beachten Sie: Der BFH hält eine weite Auslegung des Begriffs Bauleistung vor dem Hintergrund der Eindämmung illegaler Beschäftigung für geboten und verweist als Anknüpfungspunkt für die Praxis auf Abschnitt F „Baugewerbe“ der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) sowie auf die Baubetriebe-Verordnung – jeweils mit einer detaillierte Aufzählung der denkbarer Tätigkeiten des Baugewerbes.