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Die Nichtanwendungsverfügung der Finanzbehörden zur BFH Rechtsprechung zur Besteuerung von Betriebsveranstaltungen
Die Kernaussage
Die Finanzverwaltung hat sich dazu entschlossen, die jüngsten BFH-Urteile zur Berechnung der 110-Euro-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen zunächst nicht im BStBl II zu veröffentlichen. Die Urteilsgrundsätze sind daher derzeit für die Finanzverwaltung nicht anzuwenden. Es gelten weiterhin die Grundsätze von R 19.5 LStR, OFD NRW v. 14.7.2014 - Kurzinfo LSt 5/2014.
Der Hintergrund
In dem unter dem Az. VI R 94/10 geführten Revisionsverfahren hat der BFH abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass nur solche Kosten des Arbeitgebers in die Prüfung der Freigrenze einzubeziehen seien, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen.
Es seien nur solche Leistungen bei der Ermittlung der Gesamtkosten zu berücksichtigen, die die Teilnehmer „konsumieren? könnten, also vor allem Speisen, Getränke, Musik- und ähnliche Darbietungen. Aufwendungen, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen, sog. Kosten des äußeren Rahmens (z.B. Kosten für Buchhaltung, für den Eventmanager, für die Ausschmückung des Festsaals), bereicherten die Teilnehmer nicht und seien daher auch bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten nicht zu berücksichtigen.
In dem Revisionsverfahren mit dem Az. VI R 7/11 hat der BFH darüber hinaus entschieden, dass der auf Begleitpersonen des Arbeitnehmers entfallende Kostenanteil, bei der Berechnung der Freigrenze von 110,-- € dem Arbeitnehmer nicht (mehr) als eigener Vorteil zuzurechnen sei. Die Übernahme der Kosten für diese Personen durch den Arbeitgeber stelle regelmäßig keine Entlohnung des Arbeitnehmers dar.
Die Aussagen der Nichtanwendungsverfügung der OFD NRW
Beantragen Arbeitgeber für nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG bereits pauschal versteuerte Zuwendungen die Änderung der Lohnsteueranmeldung nach § 164 Abs. 2 AO und die Erstattung der bereits abgeführten pauschalen Lohnsteuer, so bestehen keine Bedenken, eine Entscheidung über diese Anträge zunächst zurückzustellen.
Sofern Anträge auf Erstattung pauschaler Lohnsteuer unter Hinweis auf R 19.5 LStR bereits abgelehnt wurden und gegen diese Ablehnung Einspruch eingelegt wurde, können entsprechende Rechtsbehelfsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO, unter Hinweis auf die Urteile v. 16.5.2013 und die noch fehlenden Weisungen, wie diese Urteile umgesetzt werden, mit Zustimmung des Einspruchsführers aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhend gestellt werden. Gleiches gilt für Rechtsbehelfsverfahren des Arbeitgebers gegen anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung ergangene Haftungs- und Nachforderungsbescheide.
Es bestehen darüber hinaus keine Bedenken, Rechtsbehelfsverfahren, die nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO aufgrund der genannten BFH-Verfahren kraft Gesetzes ruhten, zunächst nicht aufzugreifen.
Anträgen des Arbeitgebers auf Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung ist grundsätzlich stattzugeben.
Sofern die Änderung einer Lohnsteueranmeldung nach § 164 Abs. 2 AO abgelehnt und gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt wurde, liegt kein vollziehbarer Verwaltungsakt vor. Eine Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung kommt in diesen Fällen daher nicht in Betracht.
Der Praxishinweis zum Entwurf eines Nichtanwendungsgesetzes
Im Referentenentwurf des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher ist eine Neuregelung der Besteuerung von Betriebsveranstaltung vorgesehen.
Hiernach soll zwar die 110-Euro-Freigrenze auf 150 Euro erhöht werden, gleichzeitig wird ausdrücklich geregelt, dass sämtliche Zuwendungen in die Prüfung der Freigrenze einzubeziehen sind.
Hiernach sollen alle Aufwendungen des Arbeitgebers unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Gemeinkosten der Betriebsveranstaltung handelt, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören.
Zu berücksichtigen sind dabei auch wieder die anteilig auf Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG-E).