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Entwarnung zur Insolvenzantragspflicht: Der „weichere“ Überschuldungsbegriff bleibt erhalten
Nicht nur die Zahlungsunfähigkeit, sondern auch die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft begründen Insolvenzantragspflichten, bei deren Verletzung sich sowohl die Geschäftsführer, als auch die Berater der Gesellschaft strafbar machen können.
Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage wird die Überschuldung bestimmt, indem das Vermögen der Gesellschaft nach Liquidationswerten und unter Berücksichtigung der stillen Reserven den Verbindlichkeiten gegenüber gestellt wird. Reicht das Vermögen zur Deckung der Verbindlichkeiten nicht aus, liegt eine Überschuldung vor, es sei denn, für die Gesellschaft kann eine positive Fortführungsprognose erstellt werden.
Dieser Überschuldungsbegriff wurde im Zuge der Weltwirtschaftskrise zur Stabilisierung der Märkte eingeführt. Die Anwendung war zunächst befristet bis zum 31.12.2011. Die Befristung wurde dann verlängert zum 31.12.2013.
Nach der Regelung, wie sie vor dem 01.11.2008 galt und ab dem 01.01.2014 wieder gelten sollte, liegt eine Überschuldung dagegen vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft unter Berücksichtigung der stillen Reserven nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Das Vermögen wird dabei mit seinen Liquidationswerten berücksichtigt, es sei denn, für die Gesellschaft besteht eine positive Fortführungsprognose. In diesem Fall können Going Concern-Werte angesetzt werden. Die positive Fortführungsprognose führt also nur zu einer Änderung der Bewertungsmaßstäbe, nicht jedoch zu einem Entfallen der Überschuldung, so dass für Kapitalgesellschaften trotz Vorliegens einer positiven Fortführungsprognose im Falle einer rechnerischen Überschuldung eine Insolvenzantragspflicht besteht.
Damit bestünde das Risiko, dass wegen des Auslaufens der Befristung des „weicheren“ Überschuldungsbegriffes zum 01.01.2014 Gesellschaften insolvent werden, die zuvor durch eine positive Fortführungsprognose geschützt waren. Hieraus folgt die erhebliche Unsicherheit, ob eine positive Fortführungsprognose überhaupt erteilt werden kann, wenn absehbar ist, dass die Gesellschaft nach der Rückkehr zum strengeren Überschuldungsbegriff rechnerisch überschuldet sein wird mit der Folge, dass sie zum 01.01.2014 Insolvenzantrag stellen muss. Eine eindeutige Aussage konnte hierzu nicht getroffen werden.
Nunmehr hat der Bundestag beschlossen, dass die Befristung aufgehoben wird und der „weichere“ Überschuldungsbegriff unbefristet fortdauert. Damit sind die Unsicherheiten beseitigt. Es bleibt dabei, dass eine positive Fortführungsprognose die Überschuldung und damit auch die Insolvenzantragspflichten entfallen lassen.
Heike Middendorf
Rechtsanwältin