Im Vorliegenden Fall war strittig, ob der Widerruf einer Schenkung ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG darstellt, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer Gesellschaft begründet.
Der Kläger hatte seinen Söhnen in 1995 jeweils 45% seiner Kommanditanteile an der A GmbH & Co. KG unentgeltlich unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs übertragen. Er behielt sich im Übertragungsvertrag das Recht vor, die Schenkung jederzeit, ohne Angabe von Gründen, zu widerrufen. Die A GmbH & Co. KG war ihrerseits mit 25% an der grundbesitzenden E GmbH & Co. KG beteiligt und der Kläger seinerseits seit 2003 mit 75%. In 2007 widerrief der Kläger seine beiden Anteilsschenkungen von je 45%. Er veräußerte daraufhin 94,9% der Anteile an der A GmbH & Co. KG und 19,9% an der E GmbH & Co. KG an die neue Kommanditistin F.
Sowohl die Klage vor dem FG Münster (Urteil vom 20.12.2016, 8 K 1686/13 GrE) als auch die Revision beim BFH (Urteil vom 4.3.2020, II R 2/17) blieben erfolglos. Wie der BFH nun erstmals entschied, knüpft die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG an ein Rechtsgeschäft und nicht an die tatsächliche Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand an. Unter Rechtsgeschäft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG seien sowohl einseitige als auch zweiseitige Rechtsgeschäfte zu verstehen. Im vorliegenden Fall stellte der (einseitige) Widerruf ein schuldrechtliches Geschäft dar, da er bereits im Schenkungsvertrag angelegt gewesen sei. Insofern kam es zu einer Änderung des Inhaltes des bereits bestehenden Schuldverhältnisses. Die Rückabwicklung der ursprünglichen Schenkung hatte zur Folge, dass alle Anteile an der grundbesitzenden E GmbH & Co. KG in der Hand des Klägers (unmittelbar zu 75% und mittelbar zu 25%) vereinigt wurden.
Beachten Sie:
Da Schenkungsverträge häufig eine Widerrufsklausel vorsehen, ist dieses Urteils zu beachten. Außerdem ist nochmals darauf hinzuweisen, dass auch bei Personengesellschaften subsidiär zu § 1 Abs. 2a GrEStG die Norm des § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegen kann. Während – wie der BFH nun klarstellte - bei § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG eine Anteilsvereinigung tatsächlich nicht vorliegen muss (sondern ein Rechtsgeschäft genügt), stellt § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG indes explizit auf eine Anteilsvereinigung ab.
Die Literatur des Urteils wird empfohlen, da der BFH hierin weitere grunderwerbsteuerliche Rechtsfragen (insbesondere zur Bestimmung der mittelbaren prozentualen Anteile und die grunderwerbsteuerlichen Zurechnung bei Bevollmächtigung zur Ausübung der Stimm- und Verwaltungsrechte) klärt.