Im Urteilsfall beerbte der Kläger seinen Großvater gem. testamentarischer Verfügung.
Der Großvater bzw. Erblasser hatte mit dem Vater des Klägers bereits Jahre zuvor einen Erbverzichtsvertrag geschlossen.
Fraglich war nun, ob der Kläger aufgrund der durch den Erbverzicht ausgelösten Vorversterbensfiktion des § 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB als Kind eines vorverstorbenen Kindes den Freibetrag von 400.000 € (anstatt 200.000 € für Kindeskinder) beanspruchen konnte.
Das Finanzamt behandelte ihn im Erbschaftsteuerbescheid weiterhin als Kindeskind und gewährte entsprechend den geringeren Freibetrag von 200.000 €.
Mit Urteil vom 28.2.2022 (Az. 3 K 176/21) wies das Niedersächsische Finanzgericht die dagegen gerichtete Klage ab.
Begründung:
- Da der Vater zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht verstorben war und auch gegenwärtig noch lebe, sei der Kläger kein Kind eines bereits verstorbenen Kindes.
- Daran ändere auch ein Verzicht des Vaters auf sein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Erblasser nichts.
- Die Vorversterbensfiktion des § 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB gelte nur zivilrechtlich und schlage nicht auf das Erbschaftsteuerrecht durch.
- Da der verzichtende Vater noch als gewillkürter Erbe berufen werden könne, würde ein höherer Freibetrag auch für den Enkel ansonsten zu einer nicht gesetzlich gewollten erbschaftsteuerlichen Doppelbegünstigung führen.
Revision zugelassen:
Da die Frage, ob die Vorversterbensfiktion gem. § 2346 Abs. 1 Satz 2 ErbStG erbschaftsteuerlich zu einem Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG führt bisher nicht abschließend geklärt ist, wurde die Revision zugelassen.